Entdeckungstour

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Entdeckerbericht von Dschänna

Ich komme vom Dorf. Also nicht jetzt gerade, sondern eher so aus der Vergangenheit. In Thüringen wohnen wir auf einem solchen, obwohl der Ort das Stadtrecht hat. Es ist klein und fein. Jeder kennt jeden –  irgendwie und wenn nicht direkt, dann mindestens über eine oder gar zwei Ecken.

Ich habe auch schon in richtigen Städten gewohnt. So mit mehr als 1000 Einwohner, Strassenbahn und mehrspurigen Kreisverkehren. Diese Zeiten waren immer spannend, da es viel zu entdecken gab. Meistens Kneipen, Bars und günstige Parkplätze.

Wie gut, dass ich hier in China kein Auto habe und stattdessen zwei Kinder. Somit fällt die Erkundungstour anders aus als bisher.

Heute, am letzten Ferientag, haben wir uns getraut. Eher – ich habe mich getraut. Mit den Kindern raus auf die Strasse. Die große Kreuzung ließen wir links liegen und gingen einfach den Bürgersteig geradeaus.

Mein Sohn hat gestern die Radtour mit dem Papa gemacht und somit wusste er, wo ein Spielplatz ist. Das war das erklärte Ziel und Sinn dieser Aktion.

Bei Hitze und Schwitzen haben wir Brücken genommen, Kreuzungen überquert und sind von der Hauptstraße abgebogen.

Ich bleibe immer lieber auf der Hauptstrasse, besonders wenn die Gegend neu ist. Als ich noch jünger war, was jetzt nicht bedeutet das ich alt bin, eher weiser in meinem Wissen. Also damals, da habe ich gerne Abkürzungen genommen. Besonders wenn ich mich nur halb auskannte. Ich glaube, ich wollte damit zeigen, wie mutig ich bin und das auf meine Intuition Verlass ist. Oft war beidem nicht so. Und deshalb bleibe ich lieber auf der Hauptstrasse.

Zudem besitze ich kein Navigationssystem. Als ich noch ein Auto hatte, also letzten Monat, da besaß ich noch ein Navi. Da kann ich dann meine Zieladresse eingeben und bei nicht Ankommen immer noch die Stimme aus dem Gerät anschreien.

Ja, so ein Navi gibt es auch im Handy, doch das ist auf Chinesisch – also die Strassennamen und somit ist der Schwierigkeitsgrad erhöht beim Eintippen.

Zusätzlich gibt es da noch ein Dilemma: ich verwechsle gerne mal Links mit Rechts. Nicht unbedingt Oben mit Unten oder Hinten mit Vorne. Nur Links mit Rechts oder andersherum. Mitlesende Lieblingsmenschen werden sich an Situationen erinnern, in denen ich am Steuer saß und links und rechts mit Namen versehen wurde. Das hieß dann, wenn ich nach links abbiegen sollte, wurde gesagt: ‚Dschänna Seite blinken und abbiegen‘. War es die Seite meines Beifahrers, dann wurde sein Name erwähnt. Wir sind immer angekommen und die Gefahr des Falschfahrens wurde auf diesem Wege drastisch minimiert.

In dem heutigen Kontext konnte ich mich gar nicht verlaufen, weil ich den Weg ja gar nicht kannte. Nur mein Sohn kannte ihn und darauf musste ich vertrauen.

Mit dem Vertrauen ist das so eine Sache. Zu allererst, ich vertraue meinem Sohn. Zum zweiten ist das mit der Orientierung bei ihm ähnlich wie bei mir. Je nach Tageszeit und Gefühlslage kann er sich mal mehr und mal weniger gut erinnern.

Heute war ein guter Tag, denn er hat uns sowohl gut hingelotst, wie auch zurück. Am Ende gab’s für alle ein Eis und wir haben gemeinsam die große Kreuzung vor unserem Compound bezwungen.

Ich bin begeistern.

Morgen geht die Schule los. Ich bin aufgeregt, obwohl ich die Kids nur begleite und die Kids sind aufgeregt, weil es unnormal wäre, wäre es anders.

Aber dazu morgen mehr.

Suoyou de ài  (Alles Liebe)

Dschänna

 

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