Halle 

jerusalem-3934346_1920
Dschänna nachdenklich 

Ich hatte mir heute Zeit genommen. Für euch. Für den Blog. Mein Plan, meinen Bericht über die vergangenen Urlaube zu schreiben. Mit euch Bilder zu teilen. Gefühle und lustige Begebenheiten.

Doch dann kam Halle.

Und auch wenn ich in China lebe, so gehen solche Ereignisse nicht spurlos an mir vorbei. Ich lese Zeitung, online. Bekomme über Social Media einiges mit. Werde mit wichtigen Themen direkt versorgt.

Halle ist ein Ort, an dem ich seit 20 Jahren vorbei oder durchfahre. Ich habe nie in Halle gelebt. Kenne dafür Menschen, die dort leben und gelebt haben.

Antisemitismus in Deutschland. Ausländerfeindlichkeit. Anschläge. Weltweit.

Ich lebe in China. Ich bin Ausländer. Ich bin die Person, die hier zu Gast ist.

Nicht eine Sekunde, seitdem wir hier sind, habe ich mich unsicher gefühlt. Bisher hatte ich noch nie das Gefühl in Gefahr zu sein. Mich zu beeilen, wenn ich abends spät nach Hause komme. Den Notrufknopf gedrückt halten, wenn ich im Taxi unterwegs bin. Die Straßenseite zu wechseln, wenn mir ein Trupp Männer entgegenkommt. Noch nie.

Ich weiß wie es ist, wenn man sich nicht ausdrücken kann, weil man die Sprache nicht spricht. Man benutzt Hände und Füße zur Verständigung.

Ich weiß wie es ist, wenn man nicht weiß, wie man sich in bestimmten Situationen angemessen verhält. Weil man die Gepflogenheiten nicht kennt. Weil man nichts falsch machen will.

Ich weiß wie es ist, wenn Leute einen anstarren. Ungefragt Bilder und Videos machen. Einen ungefragt anfassen und einfach ein Stück zu Nahe kommen.

Das alles sind sehr unangenehme Situationen und führen zu einem Gefühl der Beklommenheit und Unwohlsein. Und doch, hatte ich nie Angst um mein Leben.

Ich kann mir nicht vorstellen in einer Welt zu leben, die von dem Gefühl der Angst beherrscht wird. Ich kann mir nicht vorstellen, nie wieder zu reisen. Aus Angst vor Terror und Gewalt. Ich kann und will es mir nicht vorstellen!

Ich weiß, dass solche Taten Spuren hinterlassen. Dass wir skeptischer Fremden gegenüber werden. Dass wir wortkarger werden, um nichts Falsches zu sagen. Nicht aufzufallen. Nicht anzuecken. Ich weiß, dass solche Taten viel Wut und Zorn und Trauer auslösen. Weltweit. Ich weiß, dass sich viele Ohnmächtig fühlen. Nicht wissen, wie soll es den nun weitergehen. Was kann ich schon machen? Ich kleines Licht.

Ganz ehrlich, ich habe auch keinen Plan.

Einzig was ich weiß, dass ich angstfrei leben will. Dass ich weiterhin das Gute im Menschen sehen will. Dass ich weiterhin offen und neugierig durch die Welt gehen will. Dass ich weiterhin schöne Momente mit euch teilen will.

Suoyou de ài  (Alles Liebe)

Dschänna

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s