
Bevor ich nach Suzhou ging, war die Anzahl meiner neuen Kontakte im Alltag eher spärlich gesät. Habe ich nicht gerade eine Fortbildung besucht, war es schon schwierig neue Kontakte zu knüpfen. Schließlich lebt jeder in seinem Alltagstrott so vor sich hin. Kennt zwar die Kassiererin im Supermarkt und die Ansprechpartnerin in der Apotheke, doch wirklich Kontakt hat man selten zu ihnen.
Neue Kontakte können immer bereichernd sein. Und nur, weil ich Freundschaften habe, die schon viele Jahre bestehen, bedeutet das nicht, das da kein Platz für neue Freunde sind.
In Deutschland haben wir in einem kleinen Ort, in einem Mehrfamilienhaus gewohnt. Wir kannten die Nachbarn vom Grüßen auf der Treppe und mit einer Familie haben wir auch Freundschaft geschlossen. Doch grundsätzlich waren es stets die gleichen Menschen an denen wir Kopfnickend vorbei rauschten.
Hatte ich dann doch mal das Bedürfnis mit einer Person näher in Kontakt zu kommen, weil das Grundgefühl positiv besetzt war, dann gestaltete sich das oft kompliziert. Allein der erste Gedanke „Darf die Person einfach so anschreiben und nach einem Date fragen?“ Kann da sehr hinderlich sein. Hinzukommen dann Gedanken wie „Was denkt die Person dann von mir?“ bis hin zu „Vielleicht hat sie ja auch gar keine Zeit!“
Nun bin ich ja hier in Suzhou und kann berichten, dass das hier alles einfacher, unkomplizierter und rasant schnell gehen kann. Lerne ich auf einer Schulveranstaltung eine andere Mama kennen und wir haben einen netten Plausch gehalten, dann kann anschließend eine Verabredung zum Essen rauskommen. Habe ich eine Frage, dann schreibe ich ohne Scham Menschen an, die ich bis dato vielleicht gar nicht kenne, weil ich weiß, sie haben die Lösung für mich. Und wenn sie die Lösung nicht haben, dann haben sie vielleicht eine Idee wer mir noch weiterhelfen kann.
Vergangene Woche, zum Beispiel, hatte ich ein Blind Date. Nicht mit einem hübschen jungen Mann, sondern mit einer tollen junggebliebenden Dame. Eine Dame, die mich bei ihren Recherchen für ihr Expatabenteuer im Netz gefunden hatte. Wir haben im Vorfeld geschrieben und als sie dann hier war, einfach ein Verabredung in die Tat umsetzt. Völlig unkompliziert.
Ich liebe das! Gut, ich liebe alles was einfach und unkompliziert ist. Und ich liebe die Begegnungen mit den Menschen. Klarheit in den Gesprächen und ein gutes Gefühl dabei.
Manchmal glaube ich, dass anderswo einiges komplizierter gemacht wird, als es eigentlich ist und sich dadurch die Menschen weniger trauen. Weniger auf andere Menschen zuzugehen. Weniger offene und klare Worte sprechen. Weniger die eigene Komfortzone erweitern. Weniger von allem und das, wo doch so viel da ist.
Klar gibt es auch Momente, in denen ich lieber alleine bin. So wie jetzt, wo ich schreibe. Das sage ich dann auch. Laut und deutlich. Anschließend ist niemand eingeschnappt oder frotzelt mit blöden Randbemerkungen beim nächsten Treffen rum.
Es ist eine leichte und offene Kommunikationsart, die ich sehr schätze.
Suoyou de ài (Alles Liebe)
Dschänna